#1

Philosophie

in Allgemeines 13.07.2012 20:23
von Riphka | 495 Beiträge

Der Anfang des Tractatus von Wittgenstein.

Was sagt Euch das?

1 Die Welt ist alles, was der Fall ist.

1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.

1.11 Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.

1.12 Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.

1.13 Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt.

1.2 Die Welt zerfällt in Tatsachen.

1.21 Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich blieben.


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#2

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 20:17
von Maga-neu | 35.109 Beiträge


Zitat von: Riphka
13.07.2012 20:23 #128515
Der Anfang des Tractatus von Wittgenstein.

Was sagt Euch das?

1 Die Welt ist alles, was der Fall ist.

1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.

1.11 Die Welt ist durch die Tatsachen bestimmt und dadurch, dass es alle Tatsachen sind.

1.12 Denn, die Gesamtheit der Tatsachen bestimmt, was der Fall ist und auch, was alles nicht der Fall ist.

1.13 Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt.

1.2 Die Welt zerfällt in Tatsachen.

1.21 Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich blieben.

Hui, Wittgenstein - schwere Kost für das Forum. Ich kann mir aber vorstellen, dass Wittgenstein für Mathematiker ansprechender ist als andere Philosophen. Jedenfalls hat mich der noch jungfräuliche Strang angeregt, mir den Tractatus zu besorgen und in dem bald anstehenden Sommerurlaub zu lesen. Statt Agatha Christie am Strand dann eben Ludwig Wittgenstein. :-)

Vorher schreibe ich nichts dazu, denn ich will mich nicht (zu sehr?) blamieren.


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#3

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 21:09
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Maga-neu
15.07.2012 20:17 #128781

Hui, Wittgenstein - schwere Kost für das Forum. Ich kann mir aber vorstellen, dass Wittgenstein für Mathematiker ansprechender ist als andere Philosophen. Jedenfalls hat mich der noch jungfräuliche Strang angeregt, mir den Tractatus zu besorgen und in dem bald anstehenden Sommerurlaub zu lesen. Statt Agatha Christie am Strand dann eben Ludwig Wittgenstein. :-)

Vorher schreibe ich nichts dazu, denn ich will mich nicht (zu sehr?) blamieren.

Viele philosophische Werke sind ja ellenlang. Allein das Vorwort von Kants Kritik der reinen Vernunft ist ja schon recht lang. Ich musste das bestimmt 10 mal in aller Ruhe lesen, bis ich es einigermaßen verstand. Da hat der Tractatus schon gewisse Vorteile für einen solchen Rahmen. Dafür stellt aber fast jeder Satz recht hohe Anforderungen, finde ich. Ich hatte schon gar nicht mehr mit einem Beitrag in diesem Thread gerechnet. Aber, sei beruhigt, ich gehe genauso jungfräulich daran wie Du, auch wenn ich ihn schon einmal als Proseminarthema während des Studiums hatte. Das ist aber knapp 25 Jahre her und ich kann mich an wirklich nichts mehr erinnern, habe seither auch nichts mehr darüber gelesen. Erinnern kann ich mich nur an eine recht witzige Episode. Das Proseminar war damals für Freitag Morgen 8 Uhr angesetzt. Außer mir kamen noch sage und schreibe 2 weitere Studenten, sodass der Dozent die Frage in den Raum stellte, ob man das ganze nicht bleiben lassen sollte, bei so wenig Andrang. Andererseits war er aber auch neugierig, was in einer solch kleinen Gruppe bei dem Thema herauskomme würde. So starteten wir trotzdem. Man muss natürlich dazu sagen, dass die Philosophen damals normalerweise abends lang gefeiert und auch lang geschlafen hatten, sodass üblicherweise deren Seminare am späten Nachmittag stattfanden. Bei uns Mathematikern war das anders. Wir waren Frühaufsteher. Außerdem weckten mich morgens früh schon meine zwei kleinen Kinder, sodass mit lang schlafen eh nichts drin war bei mir. Ich hatte nach 3 Monaten Seminar noch kein Wort gesagt. Die anderen beiden Studenten waren sehr gesprächig und ich war manchmal eher verunsichert, eigentlich zu unrecht, aber gut. Irgendwann steckten wir bereits drei Wochen lang an einem einzigen, relativ schwer verständlichen Absatz des Tractatus fest und kamen nicht so recht weiter, jedenfalls war der Dozent mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Irgendwann wandte er seinen Blick etwas vorwurfsvoll mir zu und meinte, „Herr XY, Sie haben während des ganzen Seminars noch kein einziges Wort gesagt. Was meinen eigentlich Sie zu diesem Textabschnitt?“ Ich sagte spontan das, was ich mir schon lange gedacht hatte und ihm fielen die Kinnläden runter, er guckte mich völlig verdaddert an, denn auf genau die Antwort hatte er schon seit 3 Wochen gewartet, er schien aber nicht wirklich mit dieser Antwort gerechnet zu haben. Ich gebe zu, das war eher ein Glückstreffer, aber nachher hatte ich bei ihm ein Stein im Brett.



zuletzt bearbeitet 15.07.2012 21:32 | nach oben springen

#4

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 22:23
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: Maga-neu
15.07.2012 20:17 #128781

Hui, Wittgenstein - schwere Kost für das Forum. ...

Ich bringe meinen teil auf eine allgemein verständliche Form (weil ich nicht anders kann):
Wahr ist nicht was wahr ist. Wahr ist, was der einzelne als wahr empfindet, bzw. das Gehirn eines Menschen ihm als wahr vormacht.
Daraus folgt die immerhin von Nahal (ein Mann von Geist) bestätigte Erkenntnis, dass Wahrheit nicht zählt, sondern nur die Wahrnehmung und deren Interpretation durch den Menschen.



zuletzt bearbeitet 15.07.2012 22:24 | nach oben springen

#5

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 23:09
von Maga-neu | 35.109 Beiträge


Zitat von: Riphka
15.07.2012 21:09 #128784

Irgendwann steckten wir bereits drei Wochen lang an einem einzigen, relativ schwer verständlichen Absatz des Tractatus fest und kamen nicht so recht weiter...
Um welchen Abschnitt des Tractatus handelte es sich?


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#6

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 23:13
von Maga-neu | 35.109 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
15.07.2012 22:23 #128787

Ich bringe meinen teil auf eine allgemein verständliche Form (weil ich nicht anders kann):
Wahr ist nicht was wahr ist. 1. Wahr ist (nur), was der einzelne als wahr empfindet, 2. bzw. das Gehirn eines Menschen ihm als wahr vormacht.
Zwischen 1. und 2. besteht ein Unterschied, der auch durch das "bzw." nicht aufgelöst wird. Nehmen wir aber Aussage 1: Wenn das wahr ist, was der einzelne als wahr empfindet, wäre diese Aussage deswegen wahr, weil du sie als wahr empfindest. Und meine Aussage über das Als-Wahr-Empfinden durch dich wäre nur wahr, weil ich sie als wahr empfinde. Usw. Und alles löst sich auf...



zuletzt bearbeitet 15.07.2012 23:14 | nach oben springen

#7

RE: Philosophie

in Allgemeines 15.07.2012 23:36
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: Maga-neu
15.07.2012 23:13 #128793
Zwischen 1. und 2. besteht ein Unterschied, der auch durch das "bzw." nicht aufgelöst wird. Nehmen wir aber Aussage 1: Wenn das wahr ist, was der einzelne als wahr empfindet, wäre diese Aussage deswegen wahr, weil du sie als wahr empfindest. Und meine Aussage über das Als-Wahr-Empfinden durch dich wäre nur wahr, weil ich sie als wahr empfinde. Usw. Und alles löst sich auf...

Ich habe den Fehler gemacht, nur die Wahrheit in den Köpfen der Menschen zu beschreiben. Es ist ja nicht wahr, dass Gras grün ist. Aber alle Menschen nehmen es so wahr. Also gilt es als wahr und es wird als wahr empfunden.
In der Realität ist Gras aber farblos.

Nach nochmaligen durchlesen:
Ist auch Blödsinn. Jedenfalls für Denker. Denn sie sagen zwar, dass Gras grün ist, meinen aber damit nur, dass alle anderen Farben herausgefiltert werden. Ich gebe es auf. :(
Ich liebe - also bin ich. Das muss mir reichen. :)



zuletzt bearbeitet 15.07.2012 23:40 | nach oben springen

#8

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 07:26
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
15.07.2012 22:23 #128787

Ich bringe meinen teil auf eine allgemein verständliche Form (weil ich nicht anders kann):
Wahr ist nicht was wahr ist. Wahr ist, was der einzelne als wahr empfindet, bzw. das Gehirn eines Menschen ihm als wahr vormacht.
Daraus folgt die immerhin von Nahal (ein Mann von Geist) bestätigte Erkenntnis, dass Wahrheit nicht zählt, sondern nur die Wahrnehmung und deren Interpretation durch den Menschen.

Deine Interpretation erinnert mich sehr an die Philosophie von George Berkeley.
"Drei Dialog zwischen Hylas und Philonous"
Im Stil der Platondialoge geschieben, nur noch etwas schelmischer.


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#9

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 07:26
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Maga-neu
15.07.2012 23:09 #128792
Um welchen Abschnitt des Tractatus handelte es sich?

Weiß ich nicht mehr.


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#10

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 11:05
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: Riphka
16.07.2012 07:26 #128815

Deine Interpretation erinnert mich sehr an die Philosophie von George Berkeley.
"Drei Dialog zwischen Hylas und Philonous"
Im Stil der Platondialoge geschieben, nur noch etwas schelmischer.

Das geht weit über meine Belesenheit und meinen Horizont. :(

Ich habe nur Triviales gelesen, wie Balzac und Zola etc. - Romane eben, zur Erbauung und Unterhaltung. Ich erfreue mich meist an den schönen Formulierungen und verliere dabei den Sinn aus dem Auge.
Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts von Golo Mann ist ein Hochgenuss. Der Gebrauch von Wörtern, wie man sie kaum je kennengelernt hat (schon dreimal gelesen, immer wieder spannend, bin gerade bei WK II., schon ganz gespannt wie der ausging).

Außerdem bin ich mit der Gabe schnellen Vergessens gesegnet.

Platon habe ich natürlich auch gelesen (also gelesen!, nicht nur Bücher zu Hause gehabt!), aber wie bei der Lektüre von Aristoteles, nur um Mädchen zu beeindrucken.

Ich bevorzuge eben Monologe; etwa wie "mein Gott!", oder "aaah" oder "ja, gib´s mir" (im letzteren Fall natürlich nur, wenn nicht Geld (in meinem Fall nur Kleingeld) gemeint ist).



zuletzt bearbeitet 16.07.2012 11:11 | nach oben springen

#11

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 12:13
von Maga-neu | 35.109 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
16.07.2012 11:05 #128834

Das geht weit über meine Belesenheit und meinen Horizont. :(

Ich habe nur Triviales gelesen, wie Balzac und Zola etc. - Romane eben, zur Erbauung und Unterhaltung. Ich erfreue mich meist an den schönen Formulierungen und verliere dabei den Sinn aus dem Auge.
Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts von Golo Mann ist ein Hochgenuss. Der Gebrauch von Wörtern, wie man sie kaum je kennengelernt hat (schon dreimal gelesen, immer wieder spannend, bin gerade bei WK II., schon ganz gespannt wie der ausging).
Nicht anders als beim letzten Lesen auch: Die Deutschen verlieren ihn. Es ist wie mit dem Gärtner, der immer der Mörder ist.


Zitat von: Hans Bergman
16.07.2012 11:05 #128834
Außerdem bin ich mit der Gabe schnellen Vergessens gesegnet.

Platon habe ich natürlich auch gelesen (also gelesen!, nicht nur Bücher zu Hause gehabt!), aber wie bei der Lektüre von Aristoteles, nur um Mädchen zu beeindrucken.

Ich bevorzuge eben Monologe; etwa wie "mein Gott!", oder "aaah" oder "ja, gib´s mir" (im letzteren Fall natürlich nur, wenn nicht Geld (in meinem Fall nur Kleingeld) gemeint ist).
Für die Mädchen habe ich immer Oscar Wilde bevorzugt. Platon ist irgendwie zu - platonisch. Nicht, dass die Mädchen noch auf falsche Gedanken kamen...

"Mein Gott" - so einen Ausruf hätte ich einem Atheisten gar nicht zugetraut... :-)



zuletzt bearbeitet 16.07.2012 12:14 | nach oben springen

#12

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 12:38
von Leto_II. | 27.746 Beiträge

Maga:
""Mein Gott" - so einen Ausruf hätte ich einem Atheisten gar nicht zugetraut... :-)"

Hans hat seine eigene Kirche:
http://www.youtube.com/watch?v=t0WpGeErd5I


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#13

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 12:53
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von:  Maga-neu

1. Nicht anders als beim letzten Lesen auch: Die Deutschen verlieren ihn. Es ist wie mit dem Gärtner, der immer der Mörder ist.

2. "Mein Gott" - so einen Ausruf hätte ich einem Atheisten gar nicht zugetraut... :-)


1. Eine Gemeinheit ist das! Das vergesse ich dir nie. Jetzt ist die ganze Spannung raus.

2. Ich selbst rufe es ja auch nicht aus. Ich höre es nur ganz gerne (die Spaßbemerkung mit "sag doch einfach nur Hans zu mir" bringe ich aber garantiert nur ein einziges Mal; auch das ist schon zuviel, aber ich kann einfach nicht anders).


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#14

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 12:59
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: Leto_II.
16.07.2012 12:38 #128839
Maga:
""Mein Gott" - so einen Ausruf hätte ich einem Atheisten gar nicht zugetraut... :-)"

Hans hat seine eigene Kirche:
http://www.youtube.com/watch?v=t0WpGeErd5I

Nein, ich laufe noch selber!


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#15

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 13:08
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
16.07.2012 11:05 #128834

Das geht weit über meine Belesenheit und meinen Horizont. :(

Ich habe nur Triviales gelesen, wie Balzac und Zola etc. - Romane eben, zur Erbauung und Unterhaltung. Ich erfreue mich meist an den schönen Formulierungen und verliere dabei den Sinn aus dem Auge.
Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts von Golo Mann ist ein Hochgenuss. Der Gebrauch von Wörtern, wie man sie kaum je kennengelernt hat (schon dreimal gelesen, immer wieder spannend, bin gerade bei WK II., schon ganz gespannt wie der ausging).

Außerdem bin ich mit der Gabe schnellen Vergessens gesegnet.

Platon habe ich natürlich auch gelesen (also gelesen!, nicht nur Bücher zu Hause gehabt!), aber wie bei der Lektüre von Aristoteles, nur um Mädchen zu beeindrucken.

Ich bevorzuge eben Monologe; etwa wie "mein Gott!", oder "aaah" oder "ja, gib´s mir" (im letzteren Fall natürlich nur, wenn nicht Geld (in meinem Fall nur Kleingeld) gemeint ist).

Immerhin lesen Sie noch.
Ich verlasse mich nur noch auf meine Visionen.


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#16

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 13:28
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: Riphka
16.07.2012 13:08 #128844

1. Immerhin lesen Sie noch.

2. Ich verlasse mich nur noch auf meine Visionen.

1. Nur noch im Krankenhaus. Mit Golo Mann war nur Spaß (habe ich schon dreimal fertig gelesen). Habe deshalb (Leistenbruch, vor zwei Wochen in Reparatur) ein angefangenes Moll Flanders von Defoe zu Hause liegen (aus der Klinikbibliothek entwendet).

2. Du hast Visionen? Also ab zum Arzt!



zuletzt bearbeitet 16.07.2012 13:29 | nach oben springen

#17

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 13:32
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
16.07.2012 13:28 #128849

2. Du hast Visionen? Also ab zum Arzt!

Ich bin mein eigner.


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#18

RE: Philosophie

in Allgemeines 16.07.2012 19:23
von Riphka | 495 Beiträge

2 Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten.

2.01 Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen. (Sachen, Dingen.)

2.011 Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.

2.012 In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen kann, so muss die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein.

2.0121 Es Erschiene gleichsam als Zufall, wenn dem Ding, das allein für sich bestehen könnte, nachträglich eine Sachlage passen würde. Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muss dies schon in ihnen liegen. (Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.) Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht außerhalb des Raumes, zeitliche nicht außerhalb der Zeit denken können, so können wir uns keinen Gegenstand außerhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken. Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht außerhalb der Möglichkeit dieses Verbandes denken.

2.0122 Das Ding ist selbständig, insofern es in allen möglichen Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)

2.0123 Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten. (Jede solche Möglichkeit muss in der Natur des Gegenstandes liegen.) Es kann nicht nachträglich eine neue Möglichkeit gefunden werden.

2.01231 Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen - aber ich muss alle seine internen Eigenschaften kennen.

2.0124 Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle möglichen Sachverhalte gegeben.

2.013 Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.

2.0131 Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.) Der Fleck im Gesichtsfeld muss zwar nicht rot sein, aber eine Farbe muss er haben: er hat sozusagen den Farbenraum um sich. Der Ton muss eine Höhe haben, der Gegenstand des Tastsinnes eine Härte, usw.

2.014 Die Gegenstände enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.

2.0141 Die Möglichkeit seines Vorkommens in Sachverhalten, ist die Form des Gegenstandes.

2.02 Der Gegenstand ist einfach.

2.0201 Jede Aussage über Komplexe lässt sich in eine Aussage über deren Bestandteile und in diejenigen Sätze zerlegen, welche die Komplexe vollständig beschreiben.

2.021 Die Gegenstände bilden die Substanz der Welt. Darum können sie nicht zusammengesetzt sein.

2.0211 Hätte die Welt keine Substanz, so würde, ob ein Satz Sinn hat, davon abhängen, ob ein anderer Satz wahr ist.

2.0212 Es wäre dann unmöglich, ein Bild der Welt (wahr oder falsch) zu entwerfen.

2.022 Es ist offenbar, dass auch eine von der wirklichen noch so verschieden gedachte Welt Etwas - eine Form - mit der wirklichen gemein haben muss.

2.023 Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.

2.0231 Die Substanz der Welt kann nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt - erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.

2.0232 Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.

2.0233 Zwei Gegenstände von der gleichen logischen Form sind - abgesehen von ihren externen Eigenschaften - von einander nur dadurch unterschieden, dass sie verschieden sind.

2.02331 Entweder ein Ding hat Eigenschaften, die kein anderes hat, dann kann man es ohne weiteres durch eine Beschreibung aus den anderen herausheben, und darauf hinweisen; oder aber, es gibt mehrere Dinge, die ihre sämtlichen Eigenschaften gemeinsam haben, dann ist es überhaupt unmöglich auf eines von ihnen zu zeigen. Denn, ist das Ding durch nichts hervorgehoben, so kann ich es nicht hervorheben, denn sonst ist es eben hervorgehoben.

2.024 Die Substanz ist das, was unabhängig von dem was der Fall ist, besteht.

2.025 Sie ist Form und Inhalt.

2.0251 Raum, Zeit und Farbe (Färbigkeit) sind Formen der Gegenstände.

2.026 Nur wenn es Gegenstände gibt, kann es eine feste Form der Welt geben.

2.027 Das Feste, das Bestehende und der Gegenstand sind Eins.

2.0271 Der Gegenstand ist das Feste, Bestehende; die Konfiguration ist das Wechselnde, Unbeständige.

2.0272 Die Konfiguration der Gegenstände bildet den Sachverhalt.

2.03 Im Sachverhalt hängen die Gegenstände ineinander, wie die Glieder einer Kette.

2.031 Im Sachverhalt verhalten sich die Gegenstände in bestimmter Art und Weise zueinander. 2.032 Die Art und Weise, wie die Gegenstände im Sachverhalt zusammenhängen, ist die Struktur des Sachverhaltes.

2.033 Die Form ist die Möglichkeit der Struktur.

2.034 Die Struktur der Tatsache besteht aus den Strukturen der Sachverhalte.

2.04 Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte ist die Welt.

2.05 Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte bestimmt auch, welche Sachverhalte nicht bestehen.

2.06 Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit. (Das Bestehen von Sachverhalten nennen wir auch eine positive, das Nichtbestehen eine negative Tatsache.)

2.061 Die Sachverhalte sind von einander unabhängig.

2.062 Aus dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachverhaltes kann nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen geschlossen werden.

2.063 Die gesamte Wirklichkeit ist die Welt.


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#19

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 22:24
von Riphka | 495 Beiträge


Zitat von: Hans Bergman
16.07.2012 11:05 #128834

Das geht weit über meine Belesenheit und meinen Horizont. :(

Diese Art der Betrachtung kennt man eigentlich nur von den Immaterialisten,
deren bekanntester Vertreter Berkeley war.


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#20

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 22:53
von Nante | 10.417 Beiträge


Zitat von: Riphka
16.07.2012 19:23 #128956
2 Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten................


Wer ist denn Autor dieser seltsamen Sätze?


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#21

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 22:55
von nahal | 24.390 Beiträge


Zitat von: Nante
20.07.2012 22:53 #129673


Wer ist denn Autor dieser seltsamen Sätze?


Ludwig Wittgenstein

Cousin vom Neoliberlaen von Hayek. :-)



zuletzt bearbeitet 20.07.2012 22:58 | nach oben springen

#22

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 23:02
von nahal | 24.390 Beiträge


Zitat von: nahal
20.07.2012 22:55 #129674


Ludwig Wittgenstein



Hier Nante:

"Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.“

Man sollte, wenn man etwas zu sagen hat, es auch verdammt klar sagen. :-)


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#23

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 23:14
von Nante | 10.417 Beiträge


Zitat von: nahal
20.07.2012 23:02 #129675

Hier Nante:
"Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.“
Man sollte, wenn man etwas zu sagen hat, es auch verdammt klar sagen. :-)

Zitat oder Aufforderung, -das ist hier die Frage-, um mal noch einen anderen Literaten heran zuziehen.
Ansonsten verlangt der Arbeitstag seinen Tribut - d.h. das Ende der Beteiligung für heute....


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#24

RE: Philosophie

in Allgemeines 20.07.2012 23:17
von Riphka | 495 Beiträge

Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft - also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat -, und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend - er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten - aber sie wäre die einzig streng richtige.


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#25

RE: Philosophie

in Allgemeines 21.07.2012 08:38
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge


Zitat von: nahal
20.07.2012 23:02 #129675


Hier Nante:

"Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.“

Man sollte, wenn man etwas zu sagen hat, es auch verdammt klar sagen. :-)

Dann sollte man es aber nicht gleich als Antisemitismus abtun...


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