#526

RE: Italia

in Politik 31.05.2018 17:50
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #525
Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
Zitat von Nadine im Beitrag #522
...Aber, wenn das System so beschaffen ist, dass der Wille der Mehrheit nicht Treiber wichtiger politischer Entscheidungen ist, dann ist das dauerhaft der Dünger für Populismus, für den Versuch, dem Volk wenigstens sprachlich und polemisch zu seinem Recht zu verhelfen.
Anders herum wird ein Schuh draus:
Die etablierten Parteien sind populistisch (oder eher popolistisch, weil ihnen das Volk am ... vorbeigeht), sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).
Die sog. Populisten sind die Realisten, die aufzeigen, was geändert werden müsste - sie werden aber von den etablierten Populisten und den von ihnen kontrollierten Medien massiv (auch mit undemokratischen Mitteln) bekämpft und - das ist das Lustige daran - u.a als Populisten bezeichnet.
Wie viele darauf reinfallen, sieht man bei den Wahlen.



eher popolistisch? Sie ganz bestimmt!

Das haben Sie durchaus Recht. Sie gehen mir nämlich mit Ihrem flegelhaften Benehmen so was daran vorbei...



zuletzt bearbeitet 31.05.2018 17:51 | nach oben springen

#527

RE: Italia

in Politik 31.05.2018 19:41
von Nadine | 3.633 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #525
Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
Zitat von Nadine im Beitrag #522
...Aber, wenn das System so beschaffen ist, dass der Wille der Mehrheit nicht Treiber wichtiger politischer Entscheidungen ist, dann ist das dauerhaft der Dünger für Populismus, für den Versuch, dem Volk wenigstens sprachlich und polemisch zu seinem Recht zu verhelfen.
Anders herum wird ein Schuh draus:
Die etablierten Parteien sind populistisch (oder eher popolistisch, weil ihnen das Volk am ... vorbeigeht), sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).
Die sog. Populisten sind die Realisten, die aufzeigen, was geändert werden müsste - sie werden aber von den etablierten Populisten und den von ihnen kontrollierten Medien massiv (auch mit undemokratischen Mitteln) bekämpft und - das ist das Lustige daran - u.a als Populisten bezeichnet.
Wie viele darauf reinfallen, sieht man bei den Wahlen.



eher popolistisch?

popelistsch ist noch besser.
;-)


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#528

RE: Italia

in Politik 31.05.2018 22:24
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
Zitat von Nadine im Beitrag #522
...Aber, wenn das System so beschaffen ist, dass der Wille der Mehrheit nicht Treiber wichtiger politischer Entscheidungen ist, dann ist das dauerhaft der Dünger für Populismus, für den Versuch, dem Volk wenigstens sprachlich und polemisch zu seinem Recht zu verhelfen.
Anders herum wird ein Schuh draus:
Die etablierten Parteien sind populistisch (oder eher popolistisch, weil ihnen das Volk am ... vorbeigeht), sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).
Die sog. Populisten sind die Realisten, die aufzeigen, was geändert werden müsste - sie werden aber von den etablierten Populisten und den von ihnen kontrollierten Medien massiv (auch mit undemokratischen Mitteln) bekämpft und - das ist das Lustige daran - u.a als Populisten bezeichnet.
Wie viele darauf reinfallen, sieht man bei den Wahlen.

Hans, Populismus ist einfach eine Methode der Wähleransprache. Wenn die Politiker eine Politikersprache benutzen, die sich vorwiegend an andere Politiker und Medienleute richtet, dann ist das der Nährboden für Populismus. Die Politiker der Ersten Republik in Italien sprachen das schwer verständliche "Politichese"; das Ergebnis waren Politiker wie Berlusconi oder Bossi oder jetzt Grillo und Salvini, die reden wie die Bürger auf der Straße.


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#529

RE: Italia

in Politik 31.05.2018 22:25
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #525
Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
Zitat von Nadine im Beitrag #522
...Aber, wenn das System so beschaffen ist, dass der Wille der Mehrheit nicht Treiber wichtiger politischer Entscheidungen ist, dann ist das dauerhaft der Dünger für Populismus, für den Versuch, dem Volk wenigstens sprachlich und polemisch zu seinem Recht zu verhelfen.
Anders herum wird ein Schuh draus:
Die etablierten Parteien sind populistisch (oder eher popolistisch, weil ihnen das Volk am ... vorbeigeht), sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).
Die sog. Populisten sind die Realisten, die aufzeigen, was geändert werden müsste - sie werden aber von den etablierten Populisten und den von ihnen kontrollierten Medien massiv (auch mit undemokratischen Mitteln) bekämpft und - das ist das Lustige daran - u.a als Populisten bezeichnet.
Wie viele darauf reinfallen, sieht man bei den Wahlen.



eher popolistisch? Sie ganz bestimmt!

Es geht wohl nur ad-hominem...


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#530

RE: Italia

in Politik 31.05.2018 22:33
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #523
Zitat von Maga-neu im Beitrag #521
Zitat von mbockstette im Beitrag #518
Zitat von Maga-neu im Beitrag #517
Zitat von mbockstette im Beitrag #516
Zitat von Maga-neu im Beitrag #506
Ich denke, die Faschismus-Keule hat sich ebenso abgenutzt wie die Nazi-Keule.


„Duce, Duce!“

Neofaschisten planen heute den "Großen Marsch der Patrioten" in Rom. Vorbild ist die Machtübernahme durch Mussolini 1922 - bis heute wird der "Duce" von vielen noch verehrt.

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/rec...talien-100.html


Nix Neues. Rom war immer schon eine Hochburg der Neofaschisten; das war, als ich dort studierte, schon so.
Mal sehen, wie viele Stimme die CasaPound Italia bei den letzten Wahlen hatte? 310.793; das sind 0,9% aller Stimmen. Okay, nehmen wir hinzu Italia agli Italiani (Italien den Italienern): 126.207 bzw. 0,4% und den Blocco nazionale della libertà (Nationaler Block der Freiheit) 3.552. Macht summa summarum rund 440.000 Stimmen. Ein bisschen wenig für eine faschistische Revolution...


Populismus, Nationalismus und Faschismus, das sind nur drei Stufen einer Metamorphose, die sich am Ende als gesellschaftliches Chaos entfaltet.

Der "Populismus" ist das Ergebnis des Versagens der Funktionseliten, das in Italien aber nicht krasser als in Deutschland ist.


Zitat
Da draußen, jenseits der Mauern des riesigen Campus in der Nähe des Hauptbahnhofs von Rom, haben viele der 112.000 Studenten von Europas größter Hochschule wenig zu erwarten. Junge Menschen sind die größten Verlierer der "Crisi", der italienischen Dauermisere, die nun schon zehn Jahre währt. Die Jugendarbeitslosenquote unter den 15- bis 24-Jährigen, Schüler und Studenten ausgenommen, beträgt fast 32 Prozent. In der Altersgruppe 25 bis 34 hat jeder Sechste keinen Job.

Wahlen aus Protest und Frust: Nicht einmal in Griechenland ist der Anteil derjenigen jungen Erwachsenen, die weder eine Arbeit haben noch in Aus- oder Fortbildung sind, derart hoch wie in Italien.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/it...-a-1210324.html


und daran soll die EU und der EURO schuld sein?

Die wahre Ursache der italienischen Krankheit

Man darf nicht vergessen, dass Italien in den fünfziger und sechziger Jahren wie Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt hatte und noch in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhundert wuchsen Wirtschaft und Produktivität in Italien kräftiger als im europäischen Durchschnitt. Irgend etwas muss in den vergangenen 20 Jahren hinzugekommen sein, was auf der Entwicklung der italienischen Wirtschaft lastet.

Italiens Klientelsystem wird in der Digitalisierung zum Problem
Pellegrino und Zingales haben in einer empirischen Analyse versucht, den Grund zu finden, der die italienische Wirtschaft seit 20 Jahren an der Entfaltung hindert. Und sie haben in den Daten einen Grund gefunden: In der jüngeren Vergangenheit ist die Wirtschaft in den entwickelten Nationen zunehmend von Fortschritten in der Informationstechnologie – allgemeiner ausgedrückt: von der Entfaltung der digitalen Revolution – erfasst und geprägt worden. Und in einem internationalen Vergleich zeigt die Empirie, dass die Nutzung dieser Technologien dort am besten funktionierte, wo die Unternehmen ihr Personal in erster Linie nach ihren Kenntnissen und Verdiensten beschäftigen. Dies ist zum Beispiel in den Vereinigten Staaten der Fall.

Und hier weist sich das nach wie vor stark verbreitete Klientelsystem in Italien als ein Hindernis. Wenn die Entscheidung, wer in einem Unternehmen beschäftigt wird, weniger von seiner Qualifikation abhängt als von der Frage, ob er der Eigentümerfamilie entstammt oder in anderen Beziehungen zu den Eigentümern oder Topmanagern steht, kann sich das gerade in jenen Branchen sehr negativ auswirken, in denen eine spezifische fachliche Qualifikation vonnöten ist. Ein Klientelsystem kann hilfreich sein, den Verkehr mit Behörden in einem wenig effizienten Staat zu erleichtern oder bei Banken Kredite auch für wirtschaftlich fragwürdige Projekte zu erhalten. Aber ein Klientelsystem ist wenig hilfreich in der Anwendung und Verbreitung anspruchsvoller, sich kontinuierlich weiterentwickelter Technologien. Die Autoren schließen: „In other words, familyism and cronyism are the ultimate cause of the Italian disease.“
http://blogs.faz.net/fazit/2017/11/12/9359-9359/


Die italienische Wirtschaft ist in einem insgesamt wenig wettbewerbsfähigen Zustand, muss aber mit den wettbewerbsfähigeren Volkswirtschaften Deutschlands, der Niederlande, Finnlands oder Österreichs konkurrieren. Die Währungsabwertung ist nicht möglich, da man sich in einer Währungsunion befindet. Folge: Die italienische Wirtschaft verliert Absatzmärkte im In- und Ausland. Folge: Das Handelsbilanzdefizit wächst. Folge: Der Ausgleich erfolgt über Targetsalden. Folge: Die Deutschen haben Überschüsse auf ihren Targetsalden in einer Höhe von fast einer Billion Euro, die überwiegend mit den Euro-Südländern erzielt werden. Diese können nicht geltend gemacht oder abgerufen werden. Bricht das ganze System auseinander, sind die Gelder perdu; dann haftet die deutsche Notenbank, sprich der Steuerzahler, für das Geld. Ein System, das in dem einen Land Stagnation und Massenarbeitslosigkeit, in dem anderen Land Gelder produziert, die nicht abgerufen werden können und für die der Steuerzahler haftet, ist ein Sch... system. Jetzt verstanden? Falls nicht, sieh dir die Sesamstraße mit Graf Zahl an. :-)

https://www.youtube.com/watch?v=9vgk_Md4DiM



zuletzt bearbeitet 31.05.2018 22:36 | nach oben springen

#531

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 00:05
von mbockstette | 12.358 Beiträge

Zitat von Maga-neu im Beitrag #530
Zitat von mbockstette im Beitrag #523
Zitat von Maga-neu im Beitrag #521
Zitat von mbockstette im Beitrag #518
Zitat von Maga-neu im Beitrag #517
Zitat von mbockstette im Beitrag #516
Zitat von Maga-neu im Beitrag #506
Ich denke, die Faschismus-Keule hat sich ebenso abgenutzt wie die Nazi-Keule.


„Duce, Duce!“

Neofaschisten planen heute den "Großen Marsch der Patrioten" in Rom. Vorbild ist die Machtübernahme durch Mussolini 1922 - bis heute wird der "Duce" von vielen noch verehrt.

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/rec...talien-100.html


Nix Neues. Rom war immer schon eine Hochburg der Neofaschisten; das war, als ich dort studierte, schon so.
Mal sehen, wie viele Stimme die CasaPound Italia bei den letzten Wahlen hatte? 310.793; das sind 0,9% aller Stimmen. Okay, nehmen wir hinzu Italia agli Italiani (Italien den Italienern): 126.207 bzw. 0,4% und den Blocco nazionale della libertà (Nationaler Block der Freiheit) 3.552. Macht summa summarum rund 440.000 Stimmen. Ein bisschen wenig für eine faschistische Revolution...


Populismus, Nationalismus und Faschismus, das sind nur drei Stufen einer Metamorphose, die sich am Ende als gesellschaftliches Chaos entfaltet.

Der "Populismus" ist das Ergebnis des Versagens der Funktionseliten, das in Italien aber nicht krasser als in Deutschland ist.


Zitat
Da draußen, jenseits der Mauern des riesigen Campus in der Nähe des Hauptbahnhofs von Rom, haben viele der 112.000 Studenten von Europas größter Hochschule wenig zu erwarten. Junge Menschen sind die größten Verlierer der "Crisi", der italienischen Dauermisere, die nun schon zehn Jahre währt. Die Jugendarbeitslosenquote unter den 15- bis 24-Jährigen, Schüler und Studenten ausgenommen, beträgt fast 32 Prozent. In der Altersgruppe 25 bis 34 hat jeder Sechste keinen Job.

Wahlen aus Protest und Frust: Nicht einmal in Griechenland ist der Anteil derjenigen jungen Erwachsenen, die weder eine Arbeit haben noch in Aus- oder Fortbildung sind, derart hoch wie in Italien.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/it...-a-1210324.html


und daran soll die EU und der EURO schuld sein?

Die wahre Ursache der italienischen Krankheit

Man darf nicht vergessen, dass Italien in den fünfziger und sechziger Jahren wie Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt hatte und noch in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhundert wuchsen Wirtschaft und Produktivität in Italien kräftiger als im europäischen Durchschnitt. Irgend etwas muss in den vergangenen 20 Jahren hinzugekommen sein, was auf der Entwicklung der italienischen Wirtschaft lastet.

Italiens Klientelsystem wird in der Digitalisierung zum Problem
Pellegrino und Zingales haben in einer empirischen Analyse versucht, den Grund zu finden, der die italienische Wirtschaft seit 20 Jahren an der Entfaltung hindert. Und sie haben in den Daten einen Grund gefunden: In der jüngeren Vergangenheit ist die Wirtschaft in den entwickelten Nationen zunehmend von Fortschritten in der Informationstechnologie – allgemeiner ausgedrückt: von der Entfaltung der digitalen Revolution – erfasst und geprägt worden. Und in einem internationalen Vergleich zeigt die Empirie, dass die Nutzung dieser Technologien dort am besten funktionierte, wo die Unternehmen ihr Personal in erster Linie nach ihren Kenntnissen und Verdiensten beschäftigen. Dies ist zum Beispiel in den Vereinigten Staaten der Fall.

Und hier weist sich das nach wie vor stark verbreitete Klientelsystem in Italien als ein Hindernis. Wenn die Entscheidung, wer in einem Unternehmen beschäftigt wird, weniger von seiner Qualifikation abhängt als von der Frage, ob er der Eigentümerfamilie entstammt oder in anderen Beziehungen zu den Eigentümern oder Topmanagern steht, kann sich das gerade in jenen Branchen sehr negativ auswirken, in denen eine spezifische fachliche Qualifikation vonnöten ist. Ein Klientelsystem kann hilfreich sein, den Verkehr mit Behörden in einem wenig effizienten Staat zu erleichtern oder bei Banken Kredite auch für wirtschaftlich fragwürdige Projekte zu erhalten. Aber ein Klientelsystem ist wenig hilfreich in der Anwendung und Verbreitung anspruchsvoller, sich kontinuierlich weiterentwickelter Technologien. Die Autoren schließen: „In other words, familyism and cronyism are the ultimate cause of the Italian disease.“
http://blogs.faz.net/fazit/2017/11/12/9359-9359/

Die italienische Wirtschaft ist in einem insgesamt wenig wettbewerbsfähigen Zustand, muss aber mit den wettbewerbsfähigeren Volkswirtschaften Deutschlands, der Niederlande, Finnlands oder Österreichs konkurrieren. Die Währungsabwertung ist nicht möglich, da man sich in einer Währungsunion befindet. Folge: Die italienische Wirtschaft verliert Absatzmärkte im In- und Ausland. Folge: Das Handelsbilanzdefizit wächst. Folge: Der Ausgleich erfolgt über Targetsalden. Folge: Die Deutschen haben Überschüsse auf ihren Targetsalden in einer Höhe von fast einer Billion Euro, die überwiegend mit den Euro-Südländern erzielt werden. Diese können nicht geltend gemacht oder abgerufen werden. Bricht das ganze System auseinander, sind die Gelder perdu; dann haftet die deutsche Notenbank, sprich der Steuerzahler, für das Geld. Ein System, das in dem einen Land Stagnation und Massenarbeitslosigkeit, in dem anderen Land Gelder produziert, die nicht abgerufen werden können und für die der Steuerzahler haftet, ist ein Sch... system. Jetzt verstanden? Falls nicht, sieh dir die Sesamstraße mit Graf Zahl an. :-)

https://www.youtube.com/watch?v=9vgk_Md4DiM



Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


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#532

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 00:10
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #531
Zitat von Maga-neu im Beitrag #530
Zitat von mbockstette im Beitrag #523
Zitat von Maga-neu im Beitrag #521
Zitat von mbockstette im Beitrag #518
Zitat von Maga-neu im Beitrag #517
Zitat von mbockstette im Beitrag #516
Zitat von Maga-neu im Beitrag #506
Ich denke, die Faschismus-Keule hat sich ebenso abgenutzt wie die Nazi-Keule.


„Duce, Duce!“

Neofaschisten planen heute den "Großen Marsch der Patrioten" in Rom. Vorbild ist die Machtübernahme durch Mussolini 1922 - bis heute wird der "Duce" von vielen noch verehrt.

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/rec...talien-100.html


Nix Neues. Rom war immer schon eine Hochburg der Neofaschisten; das war, als ich dort studierte, schon so.
Mal sehen, wie viele Stimme die CasaPound Italia bei den letzten Wahlen hatte? 310.793; das sind 0,9% aller Stimmen. Okay, nehmen wir hinzu Italia agli Italiani (Italien den Italienern): 126.207 bzw. 0,4% und den Blocco nazionale della libertà (Nationaler Block der Freiheit) 3.552. Macht summa summarum rund 440.000 Stimmen. Ein bisschen wenig für eine faschistische Revolution...


Populismus, Nationalismus und Faschismus, das sind nur drei Stufen einer Metamorphose, die sich am Ende als gesellschaftliches Chaos entfaltet.

Der "Populismus" ist das Ergebnis des Versagens der Funktionseliten, das in Italien aber nicht krasser als in Deutschland ist.


Zitat
Da draußen, jenseits der Mauern des riesigen Campus in der Nähe des Hauptbahnhofs von Rom, haben viele der 112.000 Studenten von Europas größter Hochschule wenig zu erwarten. Junge Menschen sind die größten Verlierer der "Crisi", der italienischen Dauermisere, die nun schon zehn Jahre währt. Die Jugendarbeitslosenquote unter den 15- bis 24-Jährigen, Schüler und Studenten ausgenommen, beträgt fast 32 Prozent. In der Altersgruppe 25 bis 34 hat jeder Sechste keinen Job.

Wahlen aus Protest und Frust: Nicht einmal in Griechenland ist der Anteil derjenigen jungen Erwachsenen, die weder eine Arbeit haben noch in Aus- oder Fortbildung sind, derart hoch wie in Italien.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/it...-a-1210324.html


und daran soll die EU und der EURO schuld sein?

Die wahre Ursache der italienischen Krankheit

Man darf nicht vergessen, dass Italien in den fünfziger und sechziger Jahren wie Deutschland ein Wirtschaftswunder erlebt hatte und noch in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhundert wuchsen Wirtschaft und Produktivität in Italien kräftiger als im europäischen Durchschnitt. Irgend etwas muss in den vergangenen 20 Jahren hinzugekommen sein, was auf der Entwicklung der italienischen Wirtschaft lastet.

Italiens Klientelsystem wird in der Digitalisierung zum Problem
Pellegrino und Zingales haben in einer empirischen Analyse versucht, den Grund zu finden, der die italienische Wirtschaft seit 20 Jahren an der Entfaltung hindert. Und sie haben in den Daten einen Grund gefunden: In der jüngeren Vergangenheit ist die Wirtschaft in den entwickelten Nationen zunehmend von Fortschritten in der Informationstechnologie – allgemeiner ausgedrückt: von der Entfaltung der digitalen Revolution – erfasst und geprägt worden. Und in einem internationalen Vergleich zeigt die Empirie, dass die Nutzung dieser Technologien dort am besten funktionierte, wo die Unternehmen ihr Personal in erster Linie nach ihren Kenntnissen und Verdiensten beschäftigen. Dies ist zum Beispiel in den Vereinigten Staaten der Fall.

Und hier weist sich das nach wie vor stark verbreitete Klientelsystem in Italien als ein Hindernis. Wenn die Entscheidung, wer in einem Unternehmen beschäftigt wird, weniger von seiner Qualifikation abhängt als von der Frage, ob er der Eigentümerfamilie entstammt oder in anderen Beziehungen zu den Eigentümern oder Topmanagern steht, kann sich das gerade in jenen Branchen sehr negativ auswirken, in denen eine spezifische fachliche Qualifikation vonnöten ist. Ein Klientelsystem kann hilfreich sein, den Verkehr mit Behörden in einem wenig effizienten Staat zu erleichtern oder bei Banken Kredite auch für wirtschaftlich fragwürdige Projekte zu erhalten. Aber ein Klientelsystem ist wenig hilfreich in der Anwendung und Verbreitung anspruchsvoller, sich kontinuierlich weiterentwickelter Technologien. Die Autoren schließen: „In other words, familyism and cronyism are the ultimate cause of the Italian disease.“
http://blogs.faz.net/fazit/2017/11/12/9359-9359/

Die italienische Wirtschaft ist in einem insgesamt wenig wettbewerbsfähigen Zustand, muss aber mit den wettbewerbsfähigeren Volkswirtschaften Deutschlands, der Niederlande, Finnlands oder Österreichs konkurrieren. Die Währungsabwertung ist nicht möglich, da man sich in einer Währungsunion befindet. Folge: Die italienische Wirtschaft verliert Absatzmärkte im In- und Ausland. Folge: Das Handelsbilanzdefizit wächst. Folge: Der Ausgleich erfolgt über Targetsalden. Folge: Die Deutschen haben Überschüsse auf ihren Targetsalden in einer Höhe von fast einer Billion Euro, die überwiegend mit den Euro-Südländern erzielt werden. Diese können nicht geltend gemacht oder abgerufen werden. Bricht das ganze System auseinander, sind die Gelder perdu; dann haftet die deutsche Notenbank, sprich der Steuerzahler, für das Geld. Ein System, das in dem einen Land Stagnation und Massenarbeitslosigkeit, in dem anderen Land Gelder produziert, die nicht abgerufen werden können und für die der Steuerzahler haftet, ist ein Sch... system. Jetzt verstanden? Falls nicht, sieh dir die Sesamstraße mit Graf Zahl an. :-)

https://www.youtube.com/watch?v=9vgk_Md4DiM


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?

Nö, besser wäre eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, aber wenn die nicht gelingt, ist eine Währungsabwertung besser als gar nichts. btw, erkundige dich am besten nach den Schwierigkeiten, die die finnische Wirtschaft Anfang der neunziger Jahre und auch jetzt wieder hat.


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#533

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 11:30
von Nadine | 3.633 Beiträge

Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).


Das mit den gefälschten Statistiken ist ein gerne erhobener Vorwurf, den man in letzter Zeit häufig hört. Wer sich ein wenig mit statistischen Methoden auskennt und veröffentlichte Studien genauer durchliest, der merkt allerdings sehr schnell, dass das Problem oft weniger eine Fälschung ist, sondern die falsche Interpretation von Studien durch die Medien. Das Problem dabei ist allzu oft, dass noch nicht einmal die Journalisten, die bestimmte Studien zitieren, mehr als deren Überschriften lesen.


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#534

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 15:20
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Nadine im Beitrag #533
Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).


Das mit den gefälschten Statistiken ist ein gerne erhobener Vorwurf, den man in letzter Zeit häufig hört. Wer sich ein wenig mit statistischen Methoden auskennt und veröffentlichte Studien genauer durchliest, der merkt allerdings sehr schnell, dass das Problem oft weniger eine Fälschung ist, sondern die falsche Interpretation von Studien durch die Medien. Das Problem dabei ist allzu oft, dass noch nicht einmal die Journalisten, die bestimmte Studien zitieren, mehr als deren Überschriften lesen.
Ich denke, es ist beides: Es ist das niedrige Niveau vieler Journalisten und Politiker, und es ist im Fall der Institute, die solche Studien veröffentlichen - ich denke da besonders an eine Stiftung in Gütersloh - bewusste Manipulation.


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#535

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 16:31
von Landegaard | 21.040 Beiträge

Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.



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#536

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 16:49
von Leto_II. | 27.801 Beiträge

Zitat von Nadine im Beitrag #533
Zitat von Hans Bergman im Beitrag #524
sie verhelfen dem Volk nur sprachlich und polemisch zu seinem Recht (z. B. mit der Fälschung von Statistiken).


Das mit den gefälschten Statistiken ist ein gerne erhobener Vorwurf, den man in letzter Zeit häufig hört. Wer sich ein wenig mit statistischen Methoden auskennt und veröffentlichte Studien genauer durchliest, der merkt allerdings sehr schnell, dass das Problem oft weniger eine Fälschung ist, sondern die falsche Interpretation von Studien durch die Medien. Das Problem dabei ist allzu oft, dass noch nicht einmal die Journalisten, die bestimmte Studien zitieren, mehr als deren Überschriften lesen.

Es lässt sich aber auch schon bei Fragestellung und Datenerhebung lenken, was natürlich immer noch kein Fälschen ist.


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#537

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 17:53
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)


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#538

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 20:03
von Landegaard | 21.040 Beiträge

Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.



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#539

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 20:16
von Leto_II. | 27.801 Beiträge

Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Mit der Einschränkung, dass sich eher die EU (und auch so einige Regierungen) vom überzeugten Europäer entfernt, so jedenfalls mein Eindruck.


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#540

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 20:28
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Sogar mein Vater, der ein wirklich glühender Europäer (Anhänger von Altiero Spinelli) ist, sagt: "L'Europa è fatta male." (Europa ist schlecht gemacht).


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#541

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 21:47
von Leto_II. | 27.801 Beiträge

Zitat von Maga-neu im Beitrag #540
Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Sogar mein Vater, der ein wirklich glühender Europäer (Anhänger von Altiero Spinelli) ist, sagt: "L'Europa è fatta male." (Europa ist schlecht gemacht).

Womit er ja auch nicht falsch liegt, was aber auch gar nicht nur an der EU an sich liegt. Machen tun das die Regierungen der Mitgliedstaaten, manche mehr, manche weniger,aber alle mindestens etwas. Die Alternativen gefallen mir auch nicht, vielleicht noch weniger.


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#542

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 22:01
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Leto_II. im Beitrag #541
Zitat von Maga-neu im Beitrag #540
Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Sogar mein Vater, der ein wirklich glühender Europäer (Anhänger von Altiero Spinelli) ist, sagt: "L'Europa è fatta male." (Europa ist schlecht gemacht).

Womit er ja auch nicht falsch liegt, was aber auch gar nicht nur an der EU an sich liegt. Machen tun das die Regierungen der Mitgliedstaaten, manche mehr, manche weniger,aber alle mindestens etwas. Die Alternativen gefallen mir auch nicht, vielleicht noch weniger.
Klar, wenn etwas nicht funktioniert, ist "Brüssel" schuld. Wenn Lega und M5S ihre Versprechen nicht halten, wird das auf die EU geschoben. Allerdings: Was erwartet man von Bürgern, die von manchen "Nordländern" (auch hier gibt es einen) als Schnorrer beschimpft werden? Auf Ablehnung erfolgt Ablehnung. Womit wir beim Grundproblem wären: Der Euro führt die Bürger der europäischen Staaten nicht zusammen, sondern auseinander. Man hätte es beim Binnenmarkt belassen können. Die Währungsunion war ein Griff ins Klo, und es war ja nicht so, dass Ökonomen nicht davor gewarnt hätten. Aber das dumme Fahrrad-Paradigma, die Wünsche Mitterands nach Einhegung Deutschlands und Kohls nach Einträgen ins Geschichtsbuch standen dem entgegen.


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#543

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 22:34
von Leto_II. | 27.801 Beiträge

Zitat von Maga-neu im Beitrag #542
Zitat von Leto_II. im Beitrag #541
Zitat von Maga-neu im Beitrag #540
Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Sogar mein Vater, der ein wirklich glühender Europäer (Anhänger von Altiero Spinelli) ist, sagt: "L'Europa è fatta male." (Europa ist schlecht gemacht).

Womit er ja auch nicht falsch liegt, was aber auch gar nicht nur an der EU an sich liegt. Machen tun das die Regierungen der Mitgliedstaaten, manche mehr, manche weniger,aber alle mindestens etwas. Die Alternativen gefallen mir auch nicht, vielleicht noch weniger.
Klar, wenn etwas nicht funktioniert, ist "Brüssel" schuld. Wenn Lega und M5S ihre Versprechen nicht halten, wird das auf die EU geschoben. Allerdings: Was erwartet man von Bürgern, die von manchen "Nordländern" (auch hier gibt es einen) als Schnorrer beschimpft werden? Auf Ablehnung erfolgt Ablehnung. Womit wir beim Grundproblem wären: Der Euro führt die Bürger der europäischen Staaten nicht zusammen, sondern auseinander. Man hätte es beim Binnenmarkt belassen können. Die Währungsunion war ein Griff ins Klo, und es war ja nicht so, dass Ökonomen nicht davor gewarnt hätten. Aber das dumme Fahrrad-Paradigma, die Wünsche Mitterands nach Einhegung Deutschlands und Kohls nach Einträgen ins Geschichtsbuch standen dem entgegen.


Ich beziehe das nicht nur auf Italien, FR, DE, und auch GB, als Schwergewichte, sind da natürlich auch ganz tüchtig beteiligt. Ich beziehe das auch nicht nur auf den Euro, Merkels "Wir schaffen das!" mit anschliessendem Verteilungszwang und "Grenzen kann man nicht sichern." sind auch ganz vorn dabei. Italien und Griechenland sollen das ausbaden, mir treibt nicht viel die Schamesröte ins Gesicht. Dabei sollte man Finnland in die Pflicht nehmen, ein Winter im Flüchtlingslager nahe dem Nordkap, und die gehen alle freiwillig wie nach Hause.


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#544

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 23:11
von Landegaard | 21.040 Beiträge

Zitat von Maga-neu im Beitrag #540
Zitat von Landegaard im Beitrag #538
Zitat von Maga-neu im Beitrag #537
Zitat von Landegaard im Beitrag #535
Zitat von mbockstette im Beitrag #531


Und gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit soll Geldabwertung das richtige Gegenmittel sein? Was für ein Unsinn. Armes Italien. Was haben denn die Finnen, über das die Italiener nicht verfügen? Die Mitternachtssonne?


Hier kann man mal schön ein Kernproblem der EU erneut sichtbar machen, was eher in den Köpfen der verschiedenen Europäer existiert.

Geldabwertung ist EIN richtiges Gegenmittel gegen mangelnde Wettbewerbsfähigkeit von vielen. Was soll daran "Unsinn" sein? Es führt letztlich dazu, seine produzierten Waren im Ausland billiger verticken zu können und ausländische Waren im Inland zu verteuern. Das erreicht man auch mit Einführung eines Sozialsystems, was Leute zu schlecht entlohnter Arbeit zwingt, wodurch sich ein Niedriglohnsektor etablieren lässt, in der die günstigen Preise durch Niedriglohn erreicht wird und nicht durch eine Währungsabwertung

Du unterstellst da nebenbei, dass "Wettbewerbsfähigkeit" überall den gleichen Fetischstatus haben müsste. Dabei müsste jedem seit der Griechenlandkrise erkennbar sein, dass dem gar nicht so ist. Wenn also Italien (oder sonst wer) gar keinen Bock haben, laufend der Optimierung der eigenen Wettbwerbsfähigkeit nachzurennen, wie die Deutschen das tun, was ist dann Deine Empfehlung?

Die Grundannahme der EU-Gründer war es, durch eine Vergemeinschaftung Europa zu einer homogenen Gemeinschaft zu machen, in der sich die Lebensstandards angleichen. Nun wissen wir aber, dass sich dafür die wirtschaftliche Entwicklung angleichen müsste. Das ist immer schon eine Illusion gewesen und bleibt es auch. Wer diese Unwuchten nicht per Wechselkurs ausgleichen kann und nicht per Transferleistungen ausgleichen will und weiter am EU-Ziel sich angleichender Lebenstandards festhalten mag, kann nur noch über Wettbewerbsfähigkeit sprechen.

Dabei ist es ganz egal, was mit den Finnen ist. Finnland und Italien sind überhaupt nicht vergleichbar miteinander.

Wie lange wollen wir eigentlich noch die Probleme, die die EU durch die Heterogenität ihrer Mitglieder unübersehbar hat und vertraglich nicht abgesehen hat, weiter ignorieren und mit irgendwelchen Verweisen auf Finnen bis "in der EU spricht man jetzt deutsch" totschlagen, als würde das irgendwas anderes als Ablehnung erzeugen?

Der Grund, warum die EU zunehmend erodiert, liegt genau in diesem Umgang mit Abweichungen von den Vorstellungen derer, die gerade als wettbewerbsfähig gelten.

Die italienischen Politiker haben dem Euro aus zwei Erwägungen zugestimmt: 1. Man müsse sich angesichts des "europeismo" allen Europainitiativen anschließen und dürfe auf keinen Fall isoliert sein. 2. Der Euro werde die Italiener zwingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie man sieht, ist Punkt 2 nicht erfolgt. Die "Europa"-begeisterung der Italiener ist verschwunden; in meinem Dorf im Piemont höre ich überwiegend ablehnende Stimmen zur EU und zu Deutschland (okay, dort hat die Lega auch mit 70% "abgeräumt".)



Was überzeugte Europäer wie mich zum Kotzen bringt. Verstehe mich nicht falsch. Ich bin bei meiner Einschätzung eher bei MB als bei Dir. Ich bin nur in keiner Weise bei der Ableitung seiner Konsequenzen daraus.

Mir ist ein Italien, was ein Europa bevorzugt wesentlich wichtiger als ein Italien, was Europa ablehnt, weil Wertschätzung dort an "Wettbewerbsfähigkeit" geknüpft ist und alles an italienischer Besonderheit ignoriert.

Ich bin ganz persönlich betroffen, wenn ich lese, was jemand wie Du über die EU schreibt, weil ich nicht nur vermute, dass Du im Grunde ein glühender Anhänger der Idee eines einigen Europas bist, sondern das weiß. Ich kenne Dich dafür lange genug.

Und mich graust es, wenn ich sehe, wie weit sich Europäer wie Du schon von der EU entfernt haben, dass ich gar nicht wissen will, wie das bei solchen aussieht, die nie den Charme der europäischen Idee gesehen haben.

Ich ärgere mich über das, was ich über Italien lese, wie ich mich ärgere, was ich über Sachsen lese. Ich würde mir dennoch wünschen, dass der Ärger nie groß genug wird, mein Bindungsverständnis zu Italien in Frage zu stellen, wie ich das mit Sachen auch nicht tue.

Auch wenn ich vieles von dem nachvollziehen kann an Deiner Kritik an der EU. Es ist die einzige EU, die wir haben und die Alternative, dass in Atlanten Deutschland von weißen Flächen ohne Bezug umgeben ist, will ich nie wieder erleben. Wir müssen für die EU einen Weg finden, die Heterogenität seiner Mitglieder als Gewinn zu definieren und nicht als zu überwindene Defizite. Woraus folgt, jeder EU-Staat die Freiheit haben muss, "speziell" sein zu dürfen, allerdings die Konsequenzen daraus auch selbst tragen muss.

Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren könnte, ich weiß nur, dass Bashing von Partnerstaaten nicht der Weg ist.

Sogar mein Vater, der ein wirklich glühender Europäer (Anhänger von Altiero Spinelli) ist, sagt: "L'Europa è fatta male." (Europa ist schlecht gemacht).


Schlecht gemacht ist deutlich besser als nur schlecht. :) Ich hoffe ja noch, dass wir noch in die Situation kommen, dass Forderungen nach Verbesserungen der EU nicht gleich als rechtsextrem gelten.



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#545

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 23:13
von Hans Bergman | 23.327 Beiträge

Zitat von Leto_II. im Beitrag #543
...Dabei sollte man Finnland in die Pflicht nehmen, ein Winter im Flüchtlingslager nahe dem Nordkap, und die gehen alle freiwillig wie nach Hause.
Nein, weder Wind noch Wetter oder andere Gefahren scheuen die. Angst haben die nur vor niedrigeren Asylleistungen.
Nivellierung der Leistungen auf ein europäisches Mittel - und der Spuck wäre ganz schnell vorüber. Ohne größeren Aufwand.



zuletzt bearbeitet 01.06.2018 23:14 | nach oben springen

#546

RE: Italia

in Politik 01.06.2018 23:26
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

Zitat von Landegaard im Beitrag #544
Ich hoffe ja noch, dass wir noch in die Situation kommen, dass Forderungen nach Verbesserungen der EU nicht gleich als rechtsextrem gelten.
Da hoffst du vergeblich. Je mehr den Verantwortlichen der Wind ins Gesicht bläst, desto mehr schlagen sie und ihre Hiwis in den Medien um sich.


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#547

RE: Italia

in Politik 02.06.2018 09:14
von ghassan (gelöscht)
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#548

RE: Italia

in Politik 02.06.2018 15:58
von Nadine | 3.633 Beiträge

Die Wahlbeteiligungen bei EU Wahlen sprechen eine eindeutige Sprache, was die Bürger davon halten,
abgesehen davon, dass diejenigen, die man da wählt, bis vor kurzem in der EU eigentlich gar nichts zu sagen hatten.


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#549

RE: Italia

in Politik 02.06.2018 17:31
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

https://twitter.com/StefanLeifert/status/1001825130912370688

Da will schon wieder ein Deutscher irgendwo einmarschieren.

Darauf antworte ich mit:
https://www.youtube.com/watch?v=4CI3lhyNKfo

:-))


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#550

RE: Italia

in Politik 03.06.2018 11:50
von Maga-neu | 35.157 Beiträge

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziale...-a-1210911.html

Was die italienischen Interessen sind, wird, verdammt noch einmal, in Deutschland entschieden.


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